Hier findest du alle Posts des Threads entscheidungsfindung-bei-der-nahrungsaufnahme.
Hallo Mitglieder,
in meinem Studium der Biologie arbeiten wir auch ab und zu mit Ameisen. Das meiste davon kommt mir zwar sehr bekannt vor, allerdings ist der Fokus den man dort hat ein ganz anderer.
Daher möchte ich euch kurz vorstellen was wir in einem Kursteil der sich Verhaltensphysiologie nennt gemacht haben. Da ich dazu ein kurzes nicht so professionelles Protokoll schreiben musste kann ich dieses ganz gut hier einbinden.
Gearbeitet wurde mit der Art Camponotus floridanus, von der es einige Kolonien im Lehrstuhl gibt. Die Kolonien stammen hauptsächlich aus Florida. Weitere Kandidaten der Gattung Camponotus die wir zur Verfügung hätten wären Camponotus blandus, C. nicobarensis, C. rufipes. Die anderen genannten Arten wurden teilweise für weitere Versuche verwendet, z.B. zum Aufzeigen von Unterschieden zwischen tagaktiven und nachtaktiven Arten, welche in diesem Fall C. blandus (diurnal) und C. nicobarensis (nocturnal) war oder etwa Spurlegeverhalten.
In unserem Versuch ging es erstmals kohlenhydrathaltige Nahrung, die eine entscheidende Rolle spielt. Die Kohlenhydrate können aufgrund der Morphologie von Camponotus durch zwei verschiedene Funktionen aufgenommen werden. Demnach können Camponotus die flüssige Nahrung lecken oder saugen. Die saugende Nahrungsaufnahme erfolgt durch den Labiomaxillar Komplex, der aus den paarigen Maxillen und dem Labium besteht.
Abb. 1: Aufbau des Labiomaxillar Komplexes
Der entstandene Kanal wird zum Saugen von dünnflüssiger Nahrung verwendet. Dabei spielen zum Einnehmen der Nahrung zwei Pumpen eine zentrale Rolle. Die Cibarialpumpe saugt durch Unterdruck die Flüssigkeit in das Cibarium, von dem anschließend die Nahrung durch die Pharyngealpumpe durch den Pharynx in den Oesophagus gepumpt wird. Auch diese arbeitet mithilfe des Erzeugens eines Teilvakuums.
Die Alternative zum Saugen ist das Lecken, welches bei viskosen Flüssigkeiten oder geringen Mengen an Nahrung verwendet wird. Hierzu wird die Glossa, welche mit schaufelförmigen Haaren besetzt ist, aktiv ausgestreckt und Nahrung aufgenommen, die von den Pumpen gleichartig aufgenommen wird. Die Glossa wird dabei durch ihre Eigenelastizität passiv eingezogen. Dadurch ergeben sich vier verschiedene Phasen beim leckenden Prozess: die Beladung mit Nektar, das Rückziehen der Glossa, das Entladen durch die Pumpen und das anschließende aktive Ausstrecken der Glossa. Der leckende Prozess zeichnet sich zusätzlich durch eine verlangsamte Aufnahme aus, das heißt die saugende Nahrungsaufnahme wird, wenn dies möglich ist, von den Ameisen bevorzugt. Schließlich gelangt der Nektar in den Kropf der Ameise. Ein optimiertes Verhalten ist für die Kolonie und das Individuum notwendig um die gegebenen Ressourcen maximal nutzen zu können. Bei Tieren ist dabei der Begriff des optimal foraging geprägt worden. Dieser umschließt eine maximale Nettogewinnrate bei einem Abwägen von Kosten und Nutzen. Optimal foraging beinhaltet die Limitierungen des Organismus (constraints), die etwa auf morphologische und physiologische Merkmale zurück zu führen sind, und ein Nutzen der in Form einer bestimmten Währung erfolgt (currency). Die Währung ist in diesem Fall der Nettoenergiegewinn, während die morphologischen Eigenschaften durch die leckende und saugende Nahrungsaufnahme im Fokus als constraints stehen (Davies and Krebs, 1996). Um den Nettoenergiegewinn zu erreichen müssen die Kosten für den Aufwand wie der Eigenenergieverbrauch von der gesammelten Energie in Form des Nektars mit einberechnet werden. Die gesammelte Energie wird dabei aus der Konzentration der Zuckerlösung und der Zeit berechnet, die es braucht um diese zu sammeln. Die Frage die besteht ist, welche Währung die Entscheidungsfindung der Ameisen hat, das heißt in diesem Fall welche Zuckerkonzentration aus ihren proximaten (wie) und ulitmaten (warum) Gründen optimal für die Ameisen sich aufweist und welche morphologischen und physiologischen Gründe dieser Entscheidung zugrunde liegen.
Zum eigentlichen Versuch:
Die Arbeiterinnen von C. floridanus, die für den Versuch verwendet wurden, stammen aus einer Subkolonie aus USA, Florida. Hierzu werden 5-10mg schwere Arbeiterinnen ausgewählt und auf einem Holzsteg laufen gelassen um auf eine Feinwaage geführt zu werden. Anschließend kann die Ameise wiederum auf dem einem Holzsteg laufen, an dessen Ende ein Tropfen Zuckerwasser positioniert ist (siehe Abb. 2). Das heißt hauptächlich war man damit beschäftigt mit den Holzstegen zu hantieren und die Ameisen in die richtige Richtung laufen zu lassen. Kontakt wurde aber möglichst vermieden um keine Abwehrreaktion zu erzeugen. Dazu hält man einfach einen Holzsteg in die Dose mit den Ameisen (Abb.3 sieht man die Dose) Zusätzlich wird der Zuckerwassertropfen mit der Ameise von einer Videokamera aufgezeichnet. Da dieser Zuckerwassertropfen ein größeres Volumen hat als der Kropf der Ameise, stellt er eine ad libitum Futterquelle da. Die reine Trinkzeit der Arbeiterin wird mittels einer Stoppuhr festgehalten. Dabei wird diese als Berühren des Tropfens mit den Mundwerkzeugen und dessen Verlassens in Sekunden ermittelt. Der Zuckerkonzentration im Wasser des Tropfens angegeben in Weight/Weight wurde mit den unterschiedlichen Werten 5%, 10%, 30%, 40%, 50%, 70% hergestellt. Angefangen mit 30% und in fortlaufender Reihenfolge mit der nächsten verwendeten Ameise. Nach dem Trinken wird die Arbeiterin wiederum auf der Feinwaage gemessen und in ein abgetrenntes Gefäß untergebracht um eine Pseudoreplikation zu verhindern. Dieses Vorgehen wird für 40 Tiere pro Zuckerkonzentration wiederholt.
Abbildung 2: schwingungsoptimierter Aufbau des Versuchs zur Nektaraufnahme
Abb. 3: eigenes Bild vom Versuchsaufbau
Abb. 4: Mein Bild zu einer fressenden C. floridanus mit der USB Kamera,
Unsere Ergebnisse zeigten, dass das aufgenommene Volumen mit höherer Konzentration bis 40% ansteigt und anschließend bis 70% stark abfällt. Bei 5% wurden durchschnittlich 3,5µl aufgenommen, während das Volumen bei 40% bei 4,68 lag und mit 2,39µl bei 70% den niedrigsten Wert erreicht (siehe Abb. 5). Die Standardabweichung liegt zwischen 0,9 bei 5% und 0,61 bei 30%. Damit ist polynomischer Verlauf 2. Grades deutlich sichtbar (siehe Abb.5) bei einem Abstandsquadrat von 0,5.
Abbildung 5: aufgenommens Volumen
Die Aufnahmerate (AR) der Ameisen ist bis 30% bis 40% fast konstant bei etwa 3,15µl/min. Ab 30% sinkt diese stark ab bis sie bei 70% bei etwa 0,45µl/min liegt (siehe Abb. 6).
Abbildung 6: 3 Aufnahmerate im Vergleich zum verschieden konzentrierten Zuckerwasser
Die Zuckeraufnahmerate steigt von 5% bis 40% an und erreicht dort ihren Höhepunkt bei etwa 1000µg/min. Anschließend sinkt sie bis 70% stark ab auf 425µg/min. Das Abstandsquadrat beträgt für die Eichgrade 0,85 ist zeigt damit eine passable Aussagekraft (Abb. 7). Die Verläufe von der Zuckeraufnahmerate und dem aufgenommenen Volumen weisen eine starke Korrelation auf (vgl. Abb.5 und Abb. 7).
Abbilung 7: Zuckeraufnahmerate in Abhängigkeit der Konzentration des Zuckerwasser
Die Bevorzugung von 40%igem Zuckerwasser lässt sich damit erklären, dass für diese Zuckerkonzentration die effektive Zuckeraufnahmerate am höchsten ist (Abb.7). Das heißt die erhöhte Konzentration des Zuckerwassers bei 70% kann die verringerte Aufnahmegeschwindigkeit nicht ausgleichen (vgl. Abb.6). Die Viskosität von Zuckerwasser weist einen exponentiellen Verlauf auf. Dies ist relativ einfach ersichtlich wenn man Cola und Karamellsirup betrachtet. Während sie sich von 5% bis 40% nur gering erhöht steigt sie bis 70% sehr stark an. Dies hat einen großen Einfluss auf die Trinkgeschwindigkeit. Aufgrund dieses Umstandes verändern die Ameisen die Art der Aufnahme, die vorher überwiegend saugend war und lecken bei erhöhter Konzentration. Diese erhöhte Konzentration kann durch die viel langsamere Aufnahme nicht ausgeglichen werden, da sich die Konzentration kaum verdoppelt, aber die Aufnahmegeschwindigkeit auf ein Fünftel reduziert wird (siehe Abb.6).Die Zuckeraufnahme kann durch die den physiologischen Aufbau bei erhöhter Konzentration von 70% nicht ausgeglichen werden. Bei 40%igem Zuckerlösung ist die Aufnahmerate niedriger als bei geringen Zuckerkonzentrationen von 10%. Allerdings ist die AR bei 10%iger Zuckerlösung nicht hoch genug als dass sie den geringen Zuckergehalt ausgleichen könnte, daher ist die effektive Zuckeraufnahme bei 40%iger Zuckerlösung höher. Camponotus nimmt hier im Vergleich zu den Urameisen (Ponerinae) wie Megaponera analis eine besondere Stellung ein, da Ponerinae morphologisch nicht in der Lage sind zu saugen. Bei dieser Familie würde man also ein anderes Ergebnis erwarten. Für die Ameisen wird erwartet, dass sie sich so verhalten, dass ihr Nettoenergiegewinn maximiert wird. Im ähnlich aufgebauten Versuch konnte bei der nahverwandten Art Camponotus mus nachwiesen werden, dass sich die Ameisen bei der Aufnahme von unterschiedlichen Konzentration verschieden verhalten (Josens, 1998). Demnach wurde die Aufnahme bei geringen Konzentrationen vermehrt unterbrochen. Sowohl bei geringen als auch sehr hohen Konzentrationen wie 10% und 70% kehrten die Ameisen häufiger nur mit einer teilweisen Füllung des Kropfes zurück. Durch die verschlechterte Zuckeraufnahmerate bei diesen Konzentrationen (vgl. Abb.7) entschieden die Ameisen die Nahrungsaufnahme abzubrechen und früher zum Nest zurückzukehren. Somit versuchen die Tiere nicht immer ihren Nettoenergiegewinn pro Futtersuchlauf zu maximieren (vgl. Josens, 1998). Dies ist ebenfalls den Honigbienen Apis mellifera nachgewiesen worden (Núñez, 1966; Pflumm,1969). Bei diesen hing die Aufnahme stark von der individuellen Motivation der Arbeiterinnen ab, welche unter anderem von der Belohnung beeinflusst wurde. Daher wird bei geringen Konzentrationen der frühzeitigere Kontakt zur Kolonie bevorzugt (Núñez, 1982).
Weiter kann der frühzeitige Abbruch auf eventuelle Prädation zurückgeführt werden, da bei längeren Aufenthalt das Risiko einer Prädation ansteigt und bei geringerer Effizienz ein sicheres Zurückziehen bevorzugt wird, während dieses bei optimales Konzentration wie 40% eingegangen wird. Auch die Eusozialität könnte eine Rolle spielen, da bei für die Ameisen schlechteren Konzentrationen mit verlängertem Aufenthalt die Wahrscheinlichkeit ansteigt, dass in der Zwischenzeit andere Nestmitglieder eine bessere Futterquelle entdeckt haben. Daher kann ein Zurückkehren in das Nest auch nur mit einer Teilfüllung von Vorteil sein. Das Experiment zeigt, dass die optimale Währung für Camponotus floridanus eine 40% Zuckerlösung ist, da diese aufgrund ihrer Viskosität und Zuckergehaltes den besten Energiegewinn für die Ameisen pro Futterlauf und Zeit beinhaltet.
Soweit so gut erstmal zu unserem Versuchen in dem Kurs. Wahrscheinlich ist den meisten von euch der Grundsatz des ganzen durchaus bewusst und ich hoffe, dass es sich dadurch nicht so sehr in die Länge gezogen hat, dass ihr keine Lust mehr hattet zu lesen ;). Hier wollte ich nochmal darstellen, wie wir uns dann das ganze im Labor erarbeiten. Das was ich hier jetzt geschrieben habe ist allerdings nicht 1:1 aus meinem Protokoll. Da habe ich dann doch noch ein paar Sachen anders gemacht. Weitere Versuche wurden zu den Pumpen durchgeführt, die ich am Anfang erwähnt habe. Dabei wurde unter anderem die Pumpfrequenz gemessen.
Eine sehr interessante Arbeit mit genau dem gleichen Thema ist von Josens, 1998 der das ganze mit Camponotus mus erarbeitet hat. Auf diesem Paper basierte auch unserer Versuch. Phil hat diesen schon einmal in einem Thread vorgestellt, bei dem es um Zuckerwasserkonzentrationen ging.
Die Arbeit, die ich am Ende auch zitiere ist folgende:
Josens R.B., Farina W.M., Roces F. (1998)
Nectar feeding by the ant Camponotus mus: intake rate and crop filling as a function of sucrose concentration
Journal of Insect Physiology 44: 579–585.
und das Kapitel zum optimal foraging:
Krebs J.R. & Davies N.B. (1996)
Einführung in die Verhaltensökologie (3. Auflage)
Kapitel 3: Ökonomische Entscheidungen und das Individuum
Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin Wien
Hallo Mitglieder,
in meinem Studium der Biologie arbeiten wir auch ab und zu mit Ameisen. Das meiste davon kommt mir zwar sehr bekannt vor, allerdings ist der Fokus den man dort hat ein ganz anderer.
Daher möchte ich euch kurz vorstellen was wir in einem Kursteil der sich Verhaltensphysiologie nennt gemacht haben. Da ich dazu ein kurzes nicht so professionelles Protokoll schreiben musste kann ich dieses ganz gut hier einbinden.
Gearbeitet wurde mit der Art Camponotus floridanus, von der es einige Kolonien im Lehrstuhl gibt. Die Kolonien stammen hauptsächlich aus Florida. Weitere Kandidaten der Gattung Camponotus die wir zur Verfügung hätten wären Camponotus blandus, C. nicobarensis, C. rufipes. Die anderen genannten Arten wurden teilweise für weitere Versuche verwendet, z.B. zum Aufzeigen von Unterschieden zwischen tagaktiven und nachtaktiven Arten, welche in diesem Fall C. blandus (diurnal) und C. nicobarensis (nocturnal) war oder etwa Spurlegeverhalten.
In unserem Versuch ging es erstmals kohlenhydrathaltige Nahrung, die eine entscheidende Rolle spielt. Die Kohlenhydrate können aufgrund der Morphologie von Camponotus durch zwei verschiedene Funktionen aufgenommen werden. Demnach können Camponotus die flüssige Nahrung lecken oder saugen. Die saugende Nahrungsaufnahme erfolgt durch den Labiomaxillar Komplex, der aus den paarigen Maxillen und dem Labium besteht.
Abb. 1: Aufbau des Labiomaxillar Komplexes
Der entstandene Kanal wird zum Saugen von dünnflüssiger Nahrung verwendet. Dabei spielen zum Einnehmen der Nahrung zwei Pumpen eine zentrale Rolle. Die Cibarialpumpe saugt durch Unterdruck die Flüssigkeit in das Cibarium, von dem anschließend die Nahrung durch die Pharyngealpumpe durch den Pharynx in den Oesophagus gepumpt wird. Auch diese arbeitet mithilfe des Erzeugens eines Teilvakuums.
Die Alternative zum Saugen ist das Lecken, welches bei viskosen Flüssigkeiten oder geringen Mengen an Nahrung verwendet wird. Hierzu wird die Glossa, welche mit schaufelförmigen Haaren besetzt ist, aktiv ausgestreckt und Nahrung aufgenommen, die von den Pumpen gleichartig aufgenommen wird. Die Glossa wird dabei durch ihre Eigenelastizität passiv eingezogen. Dadurch ergeben sich vier verschiedene Phasen beim leckenden Prozess: die Beladung mit Nektar, das Rückziehen der Glossa, das Entladen durch die Pumpen und das anschließende aktive Ausstrecken der Glossa. Der leckende Prozess zeichnet sich zusätzlich durch eine verlangsamte Aufnahme aus, das heißt die saugende Nahrungsaufnahme wird, wenn dies möglich ist, von den Ameisen bevorzugt. Schließlich gelangt der Nektar in den Kropf der Ameise. Ein optimiertes Verhalten ist für die Kolonie und das Individuum notwendig um die gegebenen Ressourcen maximal nutzen zu können. Bei Tieren ist dabei der Begriff des optimal foraging geprägt worden. Dieser umschließt eine maximale Nettogewinnrate bei einem Abwägen von Kosten und Nutzen. Optimal foraging beinhaltet die Limitierungen des Organismus (constraints), die etwa auf morphologische und physiologische Merkmale zurück zu führen sind, und ein Nutzen der in Form einer bestimmten Währung erfolgt (currency). Die Währung ist in diesem Fall der Nettoenergiegewinn, während die morphologischen Eigenschaften durch die leckende und saugende Nahrungsaufnahme im Fokus als constraints stehen (Davies and Krebs, 1996). Um den Nettoenergiegewinn zu erreichen müssen die Kosten für den Aufwand wie der Eigenenergieverbrauch von der gesammelten Energie in Form des Nektars mit einberechnet werden. Die gesammelte Energie wird dabei aus der Konzentration der Zuckerlösung und der Zeit berechnet, die es braucht um diese zu sammeln. Die Frage die besteht ist, welche Währung die Entscheidungsfindung der Ameisen hat, das heißt in diesem Fall welche Zuckerkonzentration aus ihren proximaten (wie) und ulitmaten (warum) Gründen optimal für die Ameisen sich aufweist und welche morphologischen und physiologischen Gründe dieser Entscheidung zugrunde liegen.
Zum eigentlichen Versuch:
Die Arbeiterinnen von C. floridanus, die für den Versuch verwendet wurden, stammen aus einer Subkolonie aus USA, Florida. Hierzu werden 5-10mg schwere Arbeiterinnen ausgewählt und auf einem Holzsteg laufen gelassen um auf eine Feinwaage geführt zu werden. Anschließend kann die Ameise wiederum auf dem einem Holzsteg laufen, an dessen Ende ein Tropfen Zuckerwasser positioniert ist (siehe Abb. 2). Das heißt hauptächlich war man damit beschäftigt mit den Holzstegen zu hantieren und die Ameisen in die richtige Richtung laufen zu lassen. Kontakt wurde aber möglichst vermieden um keine Abwehrreaktion zu erzeugen. Dazu hält man einfach einen Holzsteg in die Dose mit den Ameisen (Abb.3 sieht man die Dose) Zusätzlich wird der Zuckerwassertropfen mit der Ameise von einer Videokamera aufgezeichnet. Da dieser Zuckerwassertropfen ein größeres Volumen hat als der Kropf der Ameise, stellt er eine ad libitum Futterquelle da. Die reine Trinkzeit der Arbeiterin wird mittels einer Stoppuhr festgehalten. Dabei wird diese als Berühren des Tropfens mit den Mundwerkzeugen und dessen Verlassens in Sekunden ermittelt. Der Zuckerkonzentration im Wasser des Tropfens angegeben in Weight/Weight wurde mit den unterschiedlichen Werten 5%, 10%, 30%, 40%, 50%, 70% hergestellt. Angefangen mit 30% und in fortlaufender Reihenfolge mit der nächsten verwendeten Ameise. Nach dem Trinken wird die Arbeiterin wiederum auf der Feinwaage gemessen und in ein abgetrenntes Gefäß untergebracht um eine Pseudoreplikation zu verhindern. Dieses Vorgehen wird für 40 Tiere pro Zuckerkonzentration wiederholt.
Abbildung 2: schwingungsoptimierter Aufbau des Versuchs zur Nektaraufnahme
Abb. 3: eigenes Bild vom Versuchsaufbau
Abb. 4: Mein Bild zu einer fressenden C. floridanus mit der USB Kamera,
Unsere Ergebnisse zeigten, dass das aufgenommene Volumen mit höherer Konzentration bis 40% ansteigt und anschließend bis 70% stark abfällt. Bei 5% wurden durchschnittlich 3,5µl aufgenommen, während das Volumen bei 40% bei 4,68 lag und mit 2,39µl bei 70% den niedrigsten Wert erreicht (siehe Abb. 5). Die Standardabweichung liegt zwischen 0,9 bei 5% und 0,61 bei 30%. Damit ist polynomischer Verlauf 2. Grades deutlich sichtbar (siehe Abb.5) bei einem Abstandsquadrat von 0,5.
Abbildung 5: aufgenommens Volumen
Die Aufnahmerate (AR) der Ameisen ist bis 30% bis 40% fast konstant bei etwa 3,15µl/min. Ab 30% sinkt diese stark ab bis sie bei 70% bei etwa 0,45µl/min liegt (siehe Abb. 6).
Abbildung 6: 3 Aufnahmerate im Vergleich zum verschieden konzentrierten Zuckerwasser
Die Zuckeraufnahmerate steigt von 5% bis 40% an und erreicht dort ihren Höhepunkt bei etwa 1000µg/min. Anschließend sinkt sie bis 70% stark ab auf 425µg/min. Das Abstandsquadrat beträgt für die Eichgrade 0,85 ist zeigt damit eine passable Aussagekraft (Abb. 7). Die Verläufe von der Zuckeraufnahmerate und dem aufgenommenen Volumen weisen eine starke Korrelation auf (vgl. Abb.5 und Abb. 7).
Abbilung 7: Zuckeraufnahmerate in Abhängigkeit der Konzentration des Zuckerwasser
Die Bevorzugung von 40%igem Zuckerwasser lässt sich damit erklären, dass für diese Zuckerkonzentration die effektive Zuckeraufnahmerate am höchsten ist (Abb.7). Das heißt die erhöhte Konzentration des Zuckerwassers bei 70% kann die verringerte Aufnahmegeschwindigkeit nicht ausgleichen (vgl. Abb.6). Die Viskosität von Zuckerwasser weist einen exponentiellen Verlauf auf. Dies ist relativ einfach ersichtlich wenn man Cola und Karamellsirup betrachtet. Während sie sich von 5% bis 40% nur gering erhöht steigt sie bis 70% sehr stark an. Dies hat einen großen Einfluss auf die Trinkgeschwindigkeit. Aufgrund dieses Umstandes verändern die Ameisen die Art der Aufnahme, die vorher überwiegend saugend war und lecken bei erhöhter Konzentration. Diese erhöhte Konzentration kann durch die viel langsamere Aufnahme nicht ausgeglichen werden, da sich die Konzentration kaum verdoppelt, aber die Aufnahmegeschwindigkeit auf ein Fünftel reduziert wird (siehe Abb.6).Die Zuckeraufnahme kann durch die den physiologischen Aufbau bei erhöhter Konzentration von 70% nicht ausgeglichen werden. Bei 40%igem Zuckerlösung ist die Aufnahmerate niedriger als bei geringen Zuckerkonzentrationen von 10%. Allerdings ist die AR bei 10%iger Zuckerlösung nicht hoch genug als dass sie den geringen Zuckergehalt ausgleichen könnte, daher ist die effektive Zuckeraufnahme bei 40%iger Zuckerlösung höher. Camponotus nimmt hier im Vergleich zu den Urameisen (Ponerinae) wie Megaponera analis eine besondere Stellung ein, da Ponerinae morphologisch nicht in der Lage sind zu saugen. Bei dieser Familie würde man also ein anderes Ergebnis erwarten. Für die Ameisen wird erwartet, dass sie sich so verhalten, dass ihr Nettoenergiegewinn maximiert wird. Im ähnlich aufgebauten Versuch konnte bei der nahverwandten Art Camponotus mus nachwiesen werden, dass sich die Ameisen bei der Aufnahme von unterschiedlichen Konzentration verschieden verhalten (Josens, 1998). Demnach wurde die Aufnahme bei geringen Konzentrationen vermehrt unterbrochen. Sowohl bei geringen als auch sehr hohen Konzentrationen wie 10% und 70% kehrten die Ameisen häufiger nur mit einer teilweisen Füllung des Kropfes zurück. Durch die verschlechterte Zuckeraufnahmerate bei diesen Konzentrationen (vgl. Abb.7) entschieden die Ameisen die Nahrungsaufnahme abzubrechen und früher zum Nest zurückzukehren. Somit versuchen die Tiere nicht immer ihren Nettoenergiegewinn pro Futtersuchlauf zu maximieren (vgl. Josens, 1998). Dies ist ebenfalls den Honigbienen Apis mellifera nachgewiesen worden (Núñez, 1966; Pflumm,1969). Bei diesen hing die Aufnahme stark von der individuellen Motivation der Arbeiterinnen ab, welche unter anderem von der Belohnung beeinflusst wurde. Daher wird bei geringen Konzentrationen der frühzeitigere Kontakt zur Kolonie bevorzugt (Núñez, 1982).
Weiter kann der frühzeitige Abbruch auf eventuelle Prädation zurückgeführt werden, da bei längeren Aufenthalt das Risiko einer Prädation ansteigt und bei geringerer Effizienz ein sicheres Zurückziehen bevorzugt wird, während dieses bei optimales Konzentration wie 40% eingegangen wird. Auch die Eusozialität könnte eine Rolle spielen, da bei für die Ameisen schlechteren Konzentrationen mit verlängertem Aufenthalt die Wahrscheinlichkeit ansteigt, dass in der Zwischenzeit andere Nestmitglieder eine bessere Futterquelle entdeckt haben. Daher kann ein Zurückkehren in das Nest auch nur mit einer Teilfüllung von Vorteil sein. Das Experiment zeigt, dass die optimale Währung für Camponotus floridanus eine 40% Zuckerlösung ist, da diese aufgrund ihrer Viskosität und Zuckergehaltes den besten Energiegewinn für die Ameisen pro Futterlauf und Zeit beinhaltet.
Soweit so gut erstmal zu unserem Versuchen in dem Kurs. Wahrscheinlich ist den meisten von euch der Grundsatz des ganzen durchaus bewusst und ich hoffe, dass es sich dadurch nicht so sehr in die Länge gezogen hat, dass ihr keine Lust mehr hattet zu lesen ;). Hier wollte ich nochmal darstellen, wie wir uns dann das ganze im Labor erarbeiten. Das was ich hier jetzt geschrieben habe ist allerdings nicht 1:1 aus meinem Protokoll. Da habe ich dann doch noch ein paar Sachen anders gemacht. Weitere Versuche wurden zu den Pumpen durchgeführt, die ich am Anfang erwähnt habe. Dabei wurde unter anderem die Pumpfrequenz gemessen.
Eine sehr interessante Arbeit mit genau dem gleichen Thema ist von Josens, 1998 der das ganze mit Camponotus mus erarbeitet hat. Auf diesem Paper basierte auch unserer Versuch. Phil hat diesen schon einmal in einem Thread vorgestellt, bei dem es um Zuckerwasserkonzentrationen ging.
Die Arbeit, die ich am Ende auch zitiere ist folgende:
Josens R.B., Farina W.M., Roces F. (1998)
Nectar feeding by the ant Camponotus mus: intake rate and crop filling as a function of sucrose concentration
Journal of Insect Physiology 44: 579–585.
und das Kapitel zum optimal foraging:
Krebs J.R. & Davies N.B. (1996)
Einführung in die Verhaltensökologie (3. Auflage)
Kapitel 3: Ökonomische Entscheidungen und das Individuum
Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin Wien
Nils.
Danke für die Ausführungen. Entscheidungsfindungen sind per se schon interessant und das meine ich auch bezogen auf Menschen (siehe Karl Popper zu Entscheidungsfindung & Problemlösung - (ein perfektes Geschenk zum Valentinstag?)), oder auch Katzen mit ihrer "fuck you- i am a cat"-Einstellung.
Eventuell passt das Thema auch ins Wissenschaftsforum.
Ich will auch gleich eine Vorlesung zur Entscheidungsfindung anfügen, die eventuell schon bekannt ist, ansonsten aber von Interesse sein könnte.
Ants, bees and brains
Professor Nigel Franks, School of Biological Sciences, University of Bristol
liebe Grüße
Nils.
Danke für die Ausführungen. Entscheidungsfindungen sind per se schon interessant und das meine ich auch bezogen auf Menschen (siehe Karl Popper zu Entscheidungsfindung & Problemlösung - (ein perfektes Geschenk zum Valentinstag?)), oder auch Katzen mit ihrer "fuck you- i am a cat"-Einstellung.
Eventuell passt das Thema auch ins Wissenschaftsforum.
Ich will auch gleich eine Vorlesung zur Entscheidungsfindung anfügen, die eventuell schon bekannt ist, ansonsten aber von Interesse sein könnte.
Ants, bees and brains
Professor Nigel Franks, School of Biological Sciences, University of Bristol
liebe Grüße